Auch wenn die wahren Zahlen keiner kennt, mit der aussergerichtlichtlichen Einigung über 90 Millionen $ beim Clicksettlement ist Google wirklich gut bedient. Warum denke ich das wohl?
JoJo hat gestern eines meiner Lieblingsthemen aufgegriffen – Klickbetrug: 800 Mill. Dollar Verlust durch Klickbetrug im Jahr 2005? Das hört sich nach einer Riesenstange Geld an – und ist es auch. Auf der Seite von Outsell findet sich ein leider kostenpflichtiger Report, in dem von 1,3 Milliarden Dollar Klickbetrug die Rede ist. Dem Report zufolge sollen 14,6% aller Klicks betrügerischer Natur sein.
Die Zahl mag durchaus stimmen, doch ohne näheren Blick auf das Dokument und einen Einblick in die Kriterien und Grundlagen der statistischen Erhebung mag ich das nicht beurteilen. Denn wie heisst es so schön: „Traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast!“ Nicht von ungefähr kommt es bei den im Umfeld Klickbetrug genannten Zahlen zu grossen Differenzen. Die Suchmaschinen wiegeln ab und brechen sich die Zunge, wenn sie auch nur von einem Prozent Klickbetrug reden sollen und die anderen bauschen auf und werfen Zahlen bis an die 30 und mehr Prozent in den Raum, um Aufmerksamkeit auf sich und ihre Produkte zu lenken.
Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Und keiner kennt sie wirklich. Dazu ist das Umfeld viel zu komplex und sind die Motive zu vielschichtig. Zudem hängt die Quote stark vom Wettbewerb und dem Preis der Keywörter ab. Um Reisen und Versicherungen wird sich gekloppt, da fallen auch schon mal ein paar virtuelle Klicks zu viel an, in Niedrigpreis-Regionen hingegen lohnt sich der Aufwand nicht.
Generell sollte man bei statistischen Betrachtungen sehr vorsichtig sein, all zu leicht wird man über’s Ohr gehauen oder schlägt sich selber mathematisch ein Schnippchen. Angenommen das PPC-Geschäft würde ein Jahresvolumen von 6 Milliarden Dollar umfassen und 16 Prozent aller Klicks wären unredlicher Natur, welche Summe käme am Ende der Rechnung heraus? 6 Milliarden $ * 16 Prozent = 960 Millionen $?
Wäre eine denkbare Rechnung. Aber eine Rechnung ohne den Wirt. Denn der Wirt wird anders rechnen. Da Klickbetrug vor allem bei den teuren Keywörtern erfolgt, wird sich die Summe mehr oder weniger stark nach oben verschieben. So könnte das Betrugsvolumen auch locker bei 1,5 oder 2 Milliarden $ liegen. Könnte, denn genau weiss ich es auch nicht, doch hätte ich jetzt kleinere Zahlen genannt, so wäre der Effekt nicht spektakulär genug gewesen ;-)
Egal, das war jetzt auch nur ein Beispiel. Glauben wir lieber an das Gute und gehen von moderateren Betrugszahlen aus. Und hoffen auf die Zukunft. Denn mit Google CPA und Checkout könnte Google zukünftig eine echte Bedrohung für’s Klickbetrug-Business schaffen. Weg vom einfachen Klick, hin zu Aktionen und Transaktionen. Diese Variante erscheint fairer für den Kunden und schwerer zu manipulieren für den Klickbetrüger. Vielleicht in Zukunft mal ein starkes Argument für die Nutzung von Google Checkout.
Ohne die Tatsache zu beschönigen, daß es tatsächlich Klickbetrug gibt, muß man sich auch die Frage stellen wie es zu den hohen Anteilen aus Sicht des Werbenden kommt:
Wenn jemand CPC-Werbung schaltet, erwartet er eine gewisse Konversions-Rate. Ist die Werbung anziehend, die CTR-Rate erfolgreich und lockt die falschen Zielgruppen an, geht die Konversion gegen Null.
Für den Werbenden ist es eine verlockende Ausrede vom Click-Fraud zu sprechen oder einen Anschlag auf die Kampagne zu vermuten, statt sich selber einzugestehen daß die eigene Werbung nicht die gewünschte Zielgruppe angesprochen hat.
Wie oft kommt es vor daß ein Web-Surfer über eine interessante Anzeige auf eine Seite gelenkt wird, aber bereits beim ersten Blick auf der Landing-Page erkennt, daß er falsch abgebogen ist? Wie oft gehen wir selber per Link (Werbung oder nicht) auf eine Seite und brechen den Ausflug bereits auf der ersten aufgerufenen Seite wieder ab? Conversions-Raten weit unter 1% sind durchaus Realität.
Der Click Fraud wird im Moment künstlich hochgespielt um durch Wehklagen das eingesetzte Kapital für verspielte Werbebudgets zurückzubekommen und die Schuld für das Versagen der Kampagnen abzuwälzen. „Es sind die anderen schuld!“
Der Betreiber der Webseite der die Werbung auf seinen Seiten geschaltet hat, sieht auf Dauer in die Röhre: Stimmt die Conversion bei PPC nicht, bleibt der Werbekunde bei der Suchmaschine und für Inhaltsseiten bleibt nur Pay per Lead: Das Risiko der „ungeeigneten Werbung“ wird zum Webseitenbetreiber abgeschoben.
„Werbung mit garantiertem Umsatz“ – Die Zukunft von Web 3.0?
Es gibt ja zwei Arten von Klickbetrug: Webmaster, die auf Anzeigen der eigenen Website klicken, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Und Werbekunden, die auf die Anzeigen der Konkurrenz klicken, um denen einen Nachteil zu verschaffen. Ersteres ist nur auf Content-Anzeigen begrenzt, zweites kann genauso in den Suchergebnissen auftauchen.
Also ich kann schon beobachten, dass die Conversionsrate bei Content-Anzeigen niedriger ist als bei Suchergebnis-Anzeigen. Ob das jetzt am Klickbetrug liegt oder einfach an der Tatsache, dass die Leute eher zufällig auf die Anzeige stoßen und nicht gezielt suchen, weiss ich nicht.
Ich habe in meinem Umfeld auf jeden Fall noch keinen Klickbetrug festgestellt oder auch nur Indizien dafür entdeckt. Aber das mag auch daran liegen, dass ich im Niedrigpreis-Bereich (so 3 – 7 ct/Klick) unterwegs bin…
Ich glaube nicht, daß Google auf Bezahlung pro Transaktion oder pro Aktion umstellen wird. Da ist das Betrugspotential noch viel, viel größer. Wer wird denn veröffentlichen, wieviel Umsatz er wofür kassiert? klick zu lead ist wie lead zu sale. Da kann man wohl bei Klicks schwerer Betrügen.